Immer weniger Angehörige für die Alterspflege

Die traditionelle Familie hat an Bedeutung verloren, viele Ehen werden geschieden, die Kinder, sofern es überhaupt welche gibt, führen oft weit entfernt von ihren Eltern ihr eigenes Leben. Die Abwanderung hat ein deutscher Psychologe in nüchterne Zahlen gefasst: 1996 lebten noch etwa 38 Prozent der erwachsenen Nachkommen in der Nachbarschaft oder am Wohnort, 2014 waren es nur noch rund 26 Prozent. Und: Je höher der Bildungsstand der Eltern, desto unwahrscheinlicher ist es, dass die Kinder in ihrer Nähe bleiben. (SPIEGEL, Nr. 14/1.4.2023).

Tab1: Angehörigen-Pflegepotenzial, Anteil der über 65-Jährigen und Finanzierung der Altenpflege in Europa 2022  
  Rangreihung  LandAngehörigen- PflegepotenzialAnteil der über 65-JährigenFinanzierung der Alten-pflege
1Luxembourg54%15%23%
2Irland60%15%25%
3Island63%15%25%
4Liechtenstein63%19%31%
5Slowakei64%17%28%
6Spanien67%20%33%
7Österreich67%19%32%
8Schweiz68%19%31%
9Zypern69%17%27%
10Litauen69%20%33%
11Rumänien69%19%33%
12Norwegen71%18%31%
13Belgien74%20%34%
14Niederlande74%20%34%
15Polen74%19%32%
16Slowenien74%21%36%
17Großbritannien74%18%32%
18Lettland75%21%36%
19Ungarn75%21%34%
20Bulgarien76%22%37%
21Tschechien76%21%35%
22Dänemark77%20%35%
23Deutschland77%22%37%
24Italien77%24%41%
25Estland78%20%35%
26Griechenland78%23%38%
27Kroatien80%22%39%
28Malta81%19%30%
29Portugal81%24%41%
30Frankreich82%21%38%
31Schweden83%20%36%
32Finnland92%23%41%
  (Quelle: EUROSTAT und eigene Berechnungen) Angehörigen-Pflegepotenzial: Anzahl der über 65-Jährigen (zu Pflegende) / Anzahl der 45 – 65-Jährigen (pflegende Angehörige) in Prozent Anteil der über 65-Jährigen bezogen auf die Wohnbevölkerung des Landes in  Prozent Finanzierung der Altenpflege: Anzahl der über 65-Jährigen/Anzahl der Erwerbstätigen zwischen 20 und 65 Jahren in Prozent    

Eine von uns vorgenommene Sonderauswertung von EUROSTAT, der europäischen Datenbank der EU ergab, dass Österreich im Europa-Vergleich – demografisch gesehen – bezüglich der Altenpflege gut aufgestellt ist. Dies mag zum Teil dem hohen Anteil von Ausländern (fast 20 Prozent) geschuldet sein. In der Datenbank werden alle Einwohner eines Landes und nicht nur seine Staatsbürger ausgewiesen.

Die Schlüssel-Maßzahl ist „Angehörigen-Pflegepotenzial“: Auf hundert Pflegebedürftige (Pflegefälle)  kommen wie viele pflegende Angehörige?

Je niedriger die Maßzahl ausfällt, desto besser ist es – zumindest demografisch – um die Angehörigenpflege bestellt.

Zwei Beispiele zur Illustration:

Angehörigenpflege-Maßzahl von 200 Prozent:  Auf 200 Pflegebedürftige kommen – demografisch gesehen – nur 100 pflegende Angehörige    

Angehörigenpflege-Maßzahl von 50 Prozent:  Auf 50 Pflegebedürftige kommen – demografisch gesehen – 100 pflegende Angehörige    

In der Rangreihung der 32 europäischen Staaten ist Österreich mit der ausgewiesenen Maßzahl von 67 Prozent an siebenter Stelle zu finden. Auf 67 Pflegebedürftige kommen hundert pflegende Angehörige. Bessere Werte waren nur noch in Luxemburg, Irland, Island, Liechtenstein, Slowakei und Spanien zu finden.

Eine weitere, sehr aufschlussreiche Maßzahl bildet das Verhältnis der älteren Generation (die über 65-Jährigen) zur erwerbsfähigen Bevölkerung (dies gilt für die Altersgruppen zwischen 20 und 65 Jahren).

Damit soll nämlich ausgedrückt werden, inwieweit die erwerbsfähige Bevölkerung eines Landes – demografisch gesehen – überhaupt in der Lage ist, das Gesundheitswesen der älteren Generation zu finanzieren.

An drei Beispielen – Best- und Worst-Case sowie Österreich – soll diese Maßzahl illustriert werden:

  • Luxemburg hat diesbezüglich die besten Werte vorzuweisen: 100 Personen im erwerbsfähigen Alter müssen nur 23 Personen von der älteren Generation finanzieren.
  • Die schlechtesten Werte wurden aber für Italien ausgewiesen: 100 Italiener im erwerbsfähigen Alter müssen bereits 41 Pensionisten finanzieren.
  • Und wo ist der Wert für Österreich angesiedelt? Unser Land ist – demografisch gesehen – nicht schlecht aufgestellt, was aber – wie bereits angeführt – dem hohen Ausländeranteil geschuldet ist. Die Ausländer sind aber vielfach prekär oder überhaupt nicht beschäftigt. Wie auch immer: Österreich liegt in der 32 europäische Länder umfassenden Analyse ungefähr an zehnter Stelle. Auf 100 österreichische Einwohner im erwerbsfähigen Alter kommen 32 Personen der älteren Generation.      

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